Selten, aber extrem tödlich –
Ethylenglykolvergiftung bei Katzen

Auch wenn der Sommer vielerorts zumindest wettermäßig noch nicht allzu lange zurückliegt, werden die Tage zusehends kälter. Damit steht auch bald der Winter vor der Tür und somit auch eine potenziell tödliche Gefahr für unsere Stubentiger. Immer dann, wenn die Temperaturen unter den Gefrierpunkt fallen, schützen wir unsere Autos und andere Maschinen mit Hilfe von Frostschutzmitteln vor dem Einfrieren.

Leider ist der Hauptinhaltsstoff Ethylenglykol hochgiftig, wenn er in den Körper gelangt. Das gilt nicht nur für uns Menschen, sondern auch für Katzen. Leider ist die unter Tierärztinnen und Tierärzten in der kalten Jahreszeit nur zu bekannte Ethylenglykolvergiftung in vielen Fällen tödlich. Umso wichtiger ist, dass Sie wissen, wie Sie in einem Verdachtsfall optimal handeln oder eine Vergiftung gleich vermeiden.

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Was ist Ethylenglykol?

Bevor wir uns im Detail mit den Auswirkungen von Ethylglykol auf den Katzenkörper und mit den möglichen Therapieansätzen beschäftigen, schadet ein Blick auf den Stoff selbst mit Sicherheit nicht. Wer im Chemieunterricht aufgepasst hat, der erinnert sich vielleicht noch daran, dass die Endung „-ol“ für Alkohole steht.

Genau genommen handelt es sich bei 1,2-Ethandiol um eine farblose, geruchlose und zähflüssige Flüssigkeit, deren Haupteigenschaft ein extrem niedriger Gefrierpunkt ist. Das wiederum ist der Grund, warum Ethylenglykol in den meisten Frostschutzmitteln enthalten ist. Aber warum sollte sich Ihre Samtpfote an einem hochprozentigen Alkohol gütlich tun, wenn es auch Katzenmilch gibt?

Ganz einfach: Die Lösung liefert uns bereits der Stoff selbst, denn der Begriff „Glykol“ stammt vom griechischen Wort „glykos“ ab, was so viel wie „süß“ bedeutet. Gerade junge Katzen aber auch junge Hunde finden den Geschmack des Stoffs daher besonders attraktiv. Je neugieriger ein Tier, desto höher ist das potenzielle Risiko.

Achtung: Warum Ethylenglykol so extrem gefährlich ist

Die wahre Gefährlichkeit von Ethylenglykol ist nur den wenigsten Haustierbesitzer:innen bewusst. Immerhin würde niemand auf die Idee kommen, selbst einmal einen Schluck Frostschutzmittel zu nehmen. Damit Ethylenglykol für Katzen tödlich ist, reichen bereits 1,5 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht aus. Bei einer kleinen Katze führt also bereits ein Teelöffel zu einer lebensgefährlichen Vergiftung.

Wie kann sich meine Katze mit Ethylenglykol vergiften?

Wenn Ethylenglykol fast ausschließlich in Frostschutzmittel enthalten ist, wie kommen Katzen dann in Kontakt damit? Kennen Sie das Sprichwort: „Neugier ist der Katzen Tod?“ Und genau das ist auch das Problem. Schnell ist es passiert, dass beim Nachfüllen des Frostschutzes ein paar Milliliter daneben laufen. Gerade neugierige Katzen schlecken gerne einmal an solch einer Pfütze herum.

Es muss aber noch nicht einmal Absicht sein. Manchmal passiert es auch, dass der Stubentiger durch die Pfütze stapft und die Flüssigkeit an den Pfötchen und am Fell hat. Putzt sich die Katze dann, nimmt das Tier den hochgiftigen Stoff mit der Zunge auf. Die Neugier treibt viele Katzen beispielsweise auch dazu, an Flaschen zu lecken.

Ursprung der Vergiftung ist aber nicht nur die Flasche mit dem Frostschutzmittel. Auch in manchen Reinigungsmitteln oder manchen (vor allem älteren) Kühlakkus und Kalt-Warm-Kompressen kann Ethylenglykol enthalten sein. Knabbert der Stubentiger daran, wird es gefährlich.

Vergiftungen sind bei Katzen weit verbreitet

Katzen sind von Natur aus extrem neugierige Tiere. Leider lauern in unserer Welt auf allzu neugierige Fellnasen auch allerhand Gefahren. Ebenso wie Hunde erkunden auch Katzen die Welt in großen Teilen mit Ihrem Maul. Und so nimmt so mancher Stubentiger auch Dinge ins Mäulchen, die dort gar nicht hingehören und im schlimmsten Fall zu einer Vergiftung führen. Fallzahlen aus den USA zeigen eindrücklich, wie breit gefächert das Spektrum der möglichen Vergiftungen ist.

haeufigsten Vergiftungen bei Katzen in den USA 2000 2010

Datenquelle zur Grafik

Zunächst einmal sei erwähnt, dass Katzen deutlich seltener unter Vergiftungen leiden als Hunde. Während in den Jahren 2000 bis 2010 in den USA rund 1,2 Millionen Hunde vergiftungsbedingt behandelt wurden, waren es lediglich gut 143.000 Katzen. Die drei häufigsten Vergiftungen sind dabei Pflanzenschutzmittel (20,9 Prozent), Pflanzen (15,3 Prozent) und verschreibungspflichtige Medikamente (13,8 Prozent). Sonstige Chemikalien, zu denen auch Ethylenglykol gehört, sind mit rund 3,9 Prozent aller Fälle zum Glück selten. Das macht sie aber nicht weniger gefährlich.

Ethylenglykol: Das passiert im Körper Ihrer Katze

Das Ethylenglykol gelangt über die Schnauze in den Magen-Darm-Trakt. Dort wird der Stoff über die Schleimhäute extrem schnell in das Blut aufgenommen. Schon nach einer Zeitspanne zwischen einer und sechs Stunden nach der Aufnahme des Ethylenglykols ist das Maximum der Stoffkonzentration im Blutplasma erreicht. Über das Blut gelangt das Ethylenglykol in die Leber, wo es mittels der Enzyme Alkoholdehydrogenase und Aldehyddehydrogenase verstoffwechselt wird.

Dabei entstehen Glycolaldehyd, Glycolsäure, Glyoxylsäure sowie Oxalsäure. Diese Stoffe werden über die Nieren ausgeschieden, wobei die Nieren schwer geschädigt werden können. Gleichzeitig wirken sie sich schädigend auf das Nervensystem aus. Bereits nach 12 bis 24 Stunden führt die Ablagerung von Calciumoxalatkristallen in den Nierentubuli zu ersten Symptomen eines Nierenversagens. Je höher die Stoffkonzentration, desto schwerer die Schädigung, die letztlich zum Organversagen und damit zum Tod führt.

Woran erkenne ich eine Ethylenglykolvergiftung?

Das große Problem an einer Vergiftung mit Ethylenglykol ist, dass Sie es nur in den wenigsten Fällen überhaupt mitbekommen, wenn Ihre Katze den Stoff aufnimmt. Da Ethylenglykol enorm schnell seine zerstörerische Wirkung entfaltet, müssen Sie bei einem Verdacht schnell handeln. Um eine wirksame Therapie einzuleiten, sollte spätestens vier bis fünf Stunden nach der Aufnahme des Stoffs eine wirksame Behandlung begonnen werden. Achten Sie daher unbedingt auf die nachfolgend aufgelisteten Symptome.

Mögliche Symptome einer Ethylenglykolvergiftung

  • Durchfall
  • Erbrechen
  • Teilnahmslosigkeit / Lethargie
  • Koma
  • Atem- und Kreislaufprobleme
  • Ausfälle des zentralen Nervensystems (ZNS)
  • Dehydration
  • Koordinationsstörungen (Ataxie)
  • Krämpfe
  • Muskelzuckungen
  • Defekte der Mundhöhle
  • Koliken
  • Stark verminderter bzw. erhöhter Harnabsatz
  • Geschwürbildung an den Schleimhäuten

Achtung: Zeigt Ihre Katze auch nur geringe Symptome einer Vergiftung mit Ethylenglykol, sollten Sie unverzüglich eine Tierärztin bzw. einen Tierarzt aufsuchen. Hier zählt jede Minute!

Diagnose und Behandlung einer Ethylenglykolvergiftung

Der sicherste Weg, um eine Vergiftung zu erkennen, ist, dass Sie Ihren Stubentiger direkt bei der Aufnahme beobachten. Für den Fall, dass dem Ethylenglykol fluoreszierende Stoffe beigemischt worden sind, lässt sich der Stoff mittels einer Schwarzlichtlampe auch an den Pfoten erkennen. Sogar im Katzenurin ist der Stoff gut sechs Stunden nach der Aufnahme erkennbar. Auch im Blut ist ein Nachweis möglich, weshalb Veterinär:innen häufig ein Blutbild anfertigen. Die Behandlung hängt davon ab, wie zeitig die Vergiftung erkannt und wie schnell der Stubentiger in der Tierarztpraxis ist.

Behandlungsoption 1: Magen-Darm-Trakt spülen

Im Idealfall vergeht zwischen der Aufnahme des Giftstoffs und der Ankunft in der Tierarztpraxis weniger als eine Stunde. Dann kann das Tier mit Hilfe eines Brechmittels zum Erbrechen gebracht werden, um den Giftstoff auszuscheiden, bevor er ins Blut gelangt. Alternativ ist auch eine Magenspülung möglich, um die weitere Aufnahme über die Schleimhäute des Magen-Darm-Trakts zu verhindern.

Behandlungsoption 2: Gabe eines Gegenmittels

Gelangt die Katze binnen vier bis sechs Stunden nach der Vergiftung zur Tierärztin bzw. zum Tierarzt, erfolgt die Therapie mit Hilfe eines Gegenmittels. Das sogenannte Antidot wird verabreicht, um der Wirkung des Giftstoffs entgegenzuwirken. Im Fall von Ethylenglykol kommt am häufigsten einfacher Alkohol (Ethanol) zum Einsatz.

Das ist vielleicht etwas merkwürdig, macht auf den zweiten Blick jedoch Sinn. Wird der Katze Alkohol verabreicht, dockt das Ethanol an die Bindungsstellen an, die auch von Ethylenglykol belegt werden können. Möglich ist das, weil beide Stoffe über das gleiche Enzymsystem funktionieren. Auf diesem Weg kann weiterer Schaden durch die Verstoffwechslung des Ethylenglykols verhindert werden.

Alternativ kommt als Antidot Fomepizol (4-Methylpyrazon) zum Einsatz. Anders als Ethanol verspricht der Stoff geringere Nebenwirkungen und eine höhere Überlebensrate bei den vergifteten Katzen. Unabhängig davon, welcher Stoff zum Einsatz kommt, ist es wichtig, dass die Antidot-Therapie spätestens zwölf Stunden nach der Vergiftung eingeleitet wird.

Kann ich einer Vergiftung mit Ethylenglykol vorbeugen?

In Anbetracht der lebensgefährlichen Folgen einer Ethylenglykolvergiftung ist es besser, wenn es gar nicht erst zu einer Vergiftung kommt. Eine 100-prozentige Prophylaxe ist nur dann möglich, wenn Sie auf die Verwendung von Frostschutzmitteln, Farben und Kühl-Akkus verzichten, die Ethylenglykol enthalten. Alternativ sollten Sie diese Dinge zumindest katzensicher verstauen. Sollte einmal etwas daneben gehen, müssen Sie alle Rückstände sofort aufwischen. Wie wir bereits erwähnt haben, reichen bereits kleinste Mengen aus, um Ihren Stubentiger in akute Lebensgefahr zu bringen.